Regie: Gert Westphl.
Three sisters. Ein 1901 in Moskau uraufgeführtes Drama von Tschechow.
Tschechows Dezentralisierung:
Formal kann man folgende Aspekte unterscheiden: Es gibt keinen Handlungsschwerpunkt, sondern eine Reihe sich kreuzender Nebenhandlungen. Dabei treten verschiedene Hauptfiguren auf (Titel: „Drei Schwestern; daneben Andrej, Tusenbach, Werschinin). Die Dialoge des Stücks führen „nirgendwo hin: die typische Dialogsituation besteht aus mehreren Monologteilen, die sich überschneiden. Auch bei der Nutzung des Raums ergeben sich Besonderheiten: Die Handlung entwickelt sich zur Breite und zur Fläche hin. Statt eines Fluchtpunkts gibt es „Aktionsinseln, beispielsweise den Platz hinter der Kulisse oder Maschas Positionierung im Raum während des Stücks.
Dramaturgie und Struktur des Dramas:
Zur Dramaturgie und zur Struktur des Dramas kann man folgende Gesichtspunkte hervorheben: Die Handlung hat keine Schwerpunkte, keinen Handlungsbogen im aristotelischen Sinne, der mit Spannung aufgebaut werden könnte, also keine Peripetie und keinen Höhepunkt. Der zeitliche Rahmen erscheint gedehnt; er erstreckt sich insgesamt über drei Jahre hinweg. Das Element der Zeit wird nicht zur Spannungserzeugung eingesetzt, sondern es ist selbst ein Thema des Stücks.
Die Figuren zeigen sich unfähig, in der Gegenwart zu leben. Die Erinnerung an die bessere Welt im fernen Moskau beherrscht ihr Denken und Fühlen. Alles Streben ist auf diese alte Welt hin ausgerichtet. Werschinin bringt es „philosophierend auf den Punkt: „Ich denke oft: Wie, wenn man das Leben von neuem anfangen könnte, dabei mit Bewußtsein? Wenn das eine Leben, das schon durchlebte, das Brouillon wäre, wie man sagt: ‚ins Unreine‘, das andere aber: ins Reine! Dann würde sich jeder von uns, denk ich, bemühen, vor allem sich nicht zu wiederholen, würde sich wenigstens eine andere Umgebung schaffen …
Der Tod steht am Anfang und am Ende des Stücks: Zu Beginn erinnert sich Olga an den Tod des Vaters, am Ende stirbt Tusenbach. Beide Male taucht die Armeekapelle auf.